Ein- und Zweifamilienhäuser leisten einen Beitrag gegen die Wohnungsnot.
Hamburg hat es vorgemacht, mehrere westdeutsche und selbst österreichische Großstädte
wollen nachziehen und ein Bauverbot für Familien-Siedlungshäuser erlassen.
In Berlin ist dies noch kein großes Thema, doch bei einem weiteren Erstarken der Grünen in Parlamenten und Regierungen steigen entsprechende Befürchtungen an. Wie die Situation in den hiesigen Siedlungsgebieten aussieht, verrät Immobilienmaklerin Annett Kubiak.
jot w.d.: Frau Kubiak, in Berlin wurde die Wohnungsfrage zur „sozialen Frage“ ausgerufen.
Kann der Bau bzw. der Besitzerwechsel von Siedlungshäusern da überhaupt einen Beitrag leisten?
Annett Kubiak: In gewisser Weise schon, denn bei der etwas überalterten Bevölkerung wird beim Verkauf eines Hauses oder Grundstücks, die ja zumeist an jüngere Familien gehen, auch Wohnraum in der Stadt frei. Das trifft auch auf das nähereUmland zu. Wir konnten seit 2020 einen Anstieg der Nachfrage um gut 30 Prozent registrieren. Da mag die Pandemie eine gewisse Rolle gespielt haben, dass Menschen aus der Enge der Innenstadt fliehen und einen eigenen Freiraum mit Garten haben wollen. Das dichte so genannte urbane Leben ist, besonders wenn Kinder kommen, dann eben doch nicht mehr jedermanns Sache.
jot w.d.: Sie haben ja auch von den Verbotsdebatten gehört, die in jüngerer Zeit immer öfter mal aufflackern. Nach dem Motto, der Boden innerhalb der Stadtgrenzen wäre zu wertvoll, um ihn mit wenigen Menschen zu besiedeln. Was ist davon zu halten?
Annett Kubiak: Von dieser Debatte, die ja eine politische ist, kommt in unserem Berufsstand wenig an. Die Menschen kommen weiterhin; es wird gekauft, verkauft, um-, aus- und neu gebaut. Ich kann mir nicht vorstellen, dass so ein Verbot hier umgesetzt wird. In binnenstädtischen Lagen mag dies anders sein, aber dort werden Einfamilienhäuser doch gar nicht gebaut, selbst in den alten Dorflagen. Andererseits ist es auch kaum vorstellbar, dass mitten in unseren Siedlungsgebieten plötzlich Geschosswohnungsbau stattfindet.
jot w.d.: Aber durch die immens gestiegenen Bodenpreise werden die Grundstücke, auf denen neu gebaut wird, immer kleiner. Das stört viele alt eingesessene Bewohner. Können Makler wie Sie darauf Einfluss nehmen?
Annett Kubiak: Nur indirekt, etwa indem wir Käufer und Bauherren gut beraten. Bei einem Preisauftrieb von zuletzt jährlich zehn bis zwölf Prozent ist es irgendwie auch verständlich, dass Grundstücke von 1000 Quadratmetern kaum noch von Einzelnen bebaut werden. Kritischer zu sehen sind allerdings die Bauträger, die versuchen, auch noch aus dem letzten Quadratmeter den höchsten Profit rauszuholen. Das wird in Minigrundstücke geteilt, alles wird platt gemacht, jeder Baum gefällt. Ich möchte lieber eine gute Siedlungsstruktur erhalten, mit Platz für Familien. Deshalb versuche ich bei Verkäufen von alten Häusern zum Umbau, statt zu Abriss und Neubau, zu raten. Ja, das ist aufwändiger und meist auch ein wenig teurer, doch in der Gesamtbilanz, gerade der ökologischen, ist das ein reeller Wert. Darüber sollten auch die Politiker einmal nachdenken.
jot w.d.: Noch gibt es eine ganze Reihe freien Flächen, aber ist das Siedlungsgebiet eines Tages nicht doch einfach zugebaut?
Annett Kubiak: Das muss man moderat gestalten. Ich denke, es wird bei einer gesunden Mischung bleiben, auch wenn weiter verdichtet wird. Käufer achten auf das Vorhandensein von Schulen, Kitas, Bus und Bahn. Bürgersteige und Radwege außerhalb der Hauptverkehrsstraßen sind ihnen meist nicht so wichtig. Es gibt Kunden, die sich eine ganz bestimmte Ecke ausgesucht haben. Die warten dann manchmal sogar ein paar Jahre, bis etwas frei wird.
- R. Nachtmann jot w.d. 6/2022 – Ausgabe 310 für ak-immobilien.berlin